Wenn Evelyne Pfundstein in ihrer Kaminfegermontur an den Haustüren klingelt, kommt es öfters vor, dass die Leute zunächst erschreckt und erstaunt schauen. »Was wollen Sie denn hier?« Lächelnd antwortet sie dann: »Ich übe gerade meinen Traum­beruf aus.«

Foto: Hans-Peter Wagner
Für Evelyne Pfundstein ihr Traumberuf: Hoch über den Dächern im Harmersbachtal Kamine kehren und die wunderschöne Aussicht genießen.

Schon ist das Eis geschmolzen und die Türen öffnen sich. Und als Anerkennung für die schwindelfreie Arbeit hoch auf den Dächern und die sachkundige Überprüfung der Heizungsanlage gibt es öfters mal eine Tafel Schokolade oder ein kleines Trinkgeld.

Mit Plan zum Traumberuf

Evelyne Pfundstein hat es immer so in ihrem Leben gehalten, dass sie alles Schritt für Schritt angeht und sorgfältig plant. So war es auch schon bei ihrer Schulausbildung. Grund- und Hauptschule Oberharmersbach, das 9+1 Jahr zur Mittleren Reife im Schulzentrum in Zell a. H. und danach Sozialwissenschaftliches Gymnasium in Wolfach mit dem Abschluss Abitur 2019. Das bestand sie mit Bravour. Die üblichen Wege nach bestandenem Abitur, entweder studieren oder erst die Welt bereisen, kamen für sie nicht in Frage. Sie wollte nach dem Schulbankdrücken endlich praktisch arbeiten.

Die anstehende Berufsfrage ging sie wieder ganz pragmatisch an. Sie schrieb die Berufe auf, die sie gerne ausüben wollte. Am Schluss blieb von der langen Liste »Schorn­steinfeger« übrig. Die Arbeit an der frischen Luft mit vielen schönen Ausblicken und der Kontakt täglich mit vielen Menschen reizte sie. Klima und sparsamer Umgang mit der Energie waren für sie schon immer wichtige Themen. Außerdem verfügt sie über ein großes handwerkliches Geschick, das ihr von Elternhaus mitgegeben wurde.

Bei der Berufsfindung wurde Evelyne Pfundstein tatkräftig von Rafael Hansmann, dem Schwager ihres Bruders, unterstützt. Ein erstes Praktikum bei Schornsteinfegermeister Andreas Wurz in Unterharmersbach bestärkte sie in ihrem Berufswunsch. Das zweite einwöchige Prak­tikum im Juli letzten Jahres endete mit der Bewerbung als Auszubildende. Andreas Wurz, für Oberharmersbach, Unterharmersbach, Nordrach, und für einen Teil von Zell a. H. zuständig, sagte mit Freude zu, denn schon seit Jahren bildet er erfolgreich Lehrlinge in seinem Betrieb aus. Und dass Evelyne Pfundstein schon seit zwei Jahren aktives Mitglied bei der Feuerwehr Oberharmersbach ihren Mann stand, war für ihn ein weiterer Pluspunkt.

Im September begann die Ausbildung mit der ersten der zwölf Blockunterrichtwochen an der Ferdinand-von-Steinbeis- Schule in Ulm. Da Evelyne Pfundstein das Abitur in der Tasche hatte, wurde ihr eines der drei Lehrjahre erlassen. Die gemeinsame Prüfung mir den einjährigen Lehrlingen bestand sie mit Bravour.

Arbeitsalltag

Zuhause im Lehrbetrieb ist Evelyne Pfundstein nun täglich unterwegs – in Begleitung und Aufsicht- einer der Schornsteinfeger im Betrieb. Sie fegt die Kamine nach alter Väter Sitte aus, misst und kontrolliert die Heizungs­anlagen, berät wie man den Energieverbrauch verbessern kann und hat dabei viele gute Tipps parat. Das Gehen auf den steilen Dächern beherrscht sie inzwischen auch. Lehrmeister Andreas Wurz: »Das muss man lernen, es ist lange nicht so einfach, wie es aussieht. Aber Evelyne hat das schnell kapiert, wie alles andere. Der Beruf ist ihr auf den Leib geschneidert, sie hat schon ein großes Wissen über die Zusammenhänge im Umgang mit der Energie, kennt sich aus, und ist sehr fleißig und aufmerksam. Ich würde mich freuen, wenn sie nach der Lehrzeit in unserem Betrieb weiterarbeitet.«

Und was sagt Evelyne zu soviel Lob: »Ich bin gerne Schornsteinfegerin, ein wunderschöner Beruf. Ich freue mich jeden Tag schon morgens auf meine Arbeit. Auch nach meiner Lehrzeit, werde ich als Schornsteinfegerin arbeiten. Am liebsten hier bei meinem jetzigen Chef, der mich hervorragend ausbildet und mich auf dem Weg zu einer guten Schornsteinfegerin mit seinem großen Wissen und manchmal mit Geduld begleitet.«