Der Heischgang am 22. Februar hat eine lange Tradition. Am schulfreien Samstag können auch Kinder, die eine auswärtige Schule besuchen, daran teilnehmen.
Alljährlich am 22. Februar findet in Zell als altes Brauchtum der „Peterlistag“ statt. Die Kinder in Zell-Kernstadt, Unterharmersbach, Unterentersbach und Oberentersbach sind am kommenden Samstag zum traditionellen Heischgang recht herzlich eingeladen. Da der 22. Februar in diesem Jahr auf einen schulfreien Tag fällt, haben auch die Kinder, die eine auswärtige Schule besuchen, eine gute Gelegenheit, am Peterlistagspringen teilzunehmen.
Los geht es um 12 Uhr beim Pfarrhaus
Die Kinder treffen sich Punkt 12.00 Uhr beim katholischen Pfarrhaus. Nach dem 12-Uhr-Läuten der Stadtpfarrkirche wird dort zuerst gemeinsam gebetet. Danach wird der Brauch des „Peterlisdags“ kurz erklärt. Wenn anschließend die Teilnehmer den folgenden Spruch
Hit, hit, hit isch Peterlisdag,
alli Krotte un Schlonge verjag!
Au ’s Ungeziefer us’em Huus,
drum werfe ebb’s zum Lade rus!
Dohäär, dohäär, dohäär!!!
lauthals gerufen haben, erhalten sie ihre Gaben. Wichtig ist, dass die Kinder beim Gang durch die Stadt zusammenbleiben – und zwar dort, wo gerade Gaben verteilt oder herausgeworfen werden – so lange, bis die Spender fertig sind. Erst dann geht die Kinderschar gemeinsam zum nächsten Haus weiter.
Der Weg führt vom katholischen Pfarrhaus im Pfarrhofgraben über die Hauptstraße bis zur Wallfahrtskirche und über Nebenstraßen wieder zurück. In der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr ist mit Verkehrsbehinderungen oder kurzfristigen Sperrungen in der Hauptstraße zu rechnen.
Die „Peterlistagsspringerschar“ wird von Brauchtumspflegern zusammen mit Polizeibeamten begleitet. Verkehrsteilnehmer werden um besondere Vorsicht und Rücksichtnahme gebeten. Den Zeller Geschäftsleuten gilt schon im Voraus ein herzliches Dankeschön für ihre Spendenbereitschaft – trotz des Samstags mit teilweise kürzeren Ladenöffnungszeiten.
„Wünschen wir der hoffentlich großen Kinderschar, dass St. Petrus ein gnädiger Wettermacher ist und dass sie viele Gaben bekommt, damit am Schluss nicht verärgert gerufen werden muss: „Alli Krotte un Schlonge solle eich in d’Häfe ni longe!“ sagt Bernhard Kähms, Brauchtumspfleger in Zell am Harmersbach.
Blick in die Geschichte:
Ein Freudentag für Kinder
Die katholische Kirche feiert am 22. Februar jedes Jahr das Fest „Petri Stuhlfeier“. Dieses seit dem 4. Jahrhundert bekannte kirchliche Fest erinnert an die Berufung des Apostels Petrus zum Lehramt in der Kirche, also seine Übernahme des römischen Bischofsstuhls. Es ist in heutiger Zeit eher weniger bekannt als das weltlich geprägte Brauchtum, das in zahlreichen Gegenden an diesem Freudentag für die Kinder gepflegt wird.
Sie ziehen dabei von Haus zu Haus und rufen lauthals Heischsprüche. Schon seit altersher ist dieser markante Tag auf dem Weg in den nahenden Frühling ein Freudenfest für die Kleinen. Das laute Rufen der Kinderschar soll der Überlieferung nach das Ungeziefer, das sich vor den Unbilden des Winters in die Häuser als sichere Schlupfwinkel zurückgezogen hat und jetzt langsam wieder munter wird, vertreiben helfen. Zur Belohnung werden zum Beispiel Obst, Würste, Speck, Backwaren, Süßigkeiten oder auch Münzgeld verteilt.
Brauchtum anderswo
Dieses Brauchtum wird beispielsweise im Taubergrund, entlang des Schwarzwaldes, in der Bühler Gegend, in der Ortenau, im Rench- und Kinzigtal oder in der Ettenheimer Gegend gepflegt. Nicht überall wird es in gleicher Form gestaltet und hat deshalb auch unterschiedliche Namen: Peterlistag (Zell und Umgebung), Peterstag, Peterlesspringen, Schiraustag (Hausach) oder Storchentag (Haslach) sind nur einige davon. Im Alpenraum gibt es zum Beispiel das „Lenzerwecken“ (Frühlingserwecken). Ebenfalls unterschiedlich sind auch die Sprüchlein, die die Kinder bei diesem Brauchtum aufsagen oder lauthals rufen.
Wetterregeln und Dingtag
Der 22. Februar gilt auch als wichtiges Datum für die landwirtschaftliche Wetterbeobachtung zum nahenden Frühling und findet sich in zahlreichen Bauernregeln (Wetterregeln) wieder: „Wenn Frost ist auf Sankt Petritag, so folgen noch 40 Fröste nach“. Oder: „Ist es Petri Stuhlfeier sehr kalt, wird der Winter alt“. Ebenso war früher dieser Tag der „Dingtag“ (Gerichtstag beziehungsweise Einstellungs- oder Entlassungstag) für Gesinde und Hirten.
Erinnerungen werden wach
Obwohl hauptsächlich ein Freudentag für die Kinder, so gilt er ebenso auch als eine schöne Erinnerung für die Erwachsenen an ihre eigene Kinderzeit, als sie von Haus zu Haus zogen und ihre Sprüchlein aufsagten. Am Abend werden dann mit Sicherheit die vollen Säcklein und Taschen geleert. Viele werden dabei sagen: „Schön war’s wieder!“