Leonhard Lehmann: 1947 in Zell geboren, hat er diese Stadt mit 13 Jahren verlassen, um in Bensheim von einem Internat aus das Alte Kurfürstliche Gymnasium (AKG) zu besuchen. Dort machte er im Herbst 1966 das Abitur.
Viele meinen, er sei zuerst hier auf der Klosterschule gewesen. Das war aber nicht so, weil er 1958 beim Schlittenfahren das linke Bein gebrochen hat. Der komplizierte Bruch wurde von Dr. Krämer im Zeller Krankenhaus eingerenkt, wollte aber nicht heilen. Der kleine Leonhard vom einsamen Hof im Gefäll verlor viele Schulstunden. Um diese nachzuholen und wieder bessere Noten zu bekommen, blieb er bis zur sechsten (statt nur bis zur vierten) Klasse an der Volksschule in Unterharmersbach.
Mit 13 Jahren war er dann für die Klosterschule in Zell zu alt, aber Pater Rupert (1909 – 1993) – den Älteren im Tal noch in guter Erinnerung – riet den Eltern, ihn gleich nach Bensheim ins Fidelis-Kolleg der Kapuziner zu schicken. Dort gab es eine Privatschule, wo der Junge von 1960 bis ’62 alles nachholte, wofür er sonst in Zell drei Jahre Zeit gehabt hätte. Er ging dann mit jenen, die bis zum Abschluss der Tertia in Zell waren, zur Untersekunda ans AKG.
Profess-Feier in Stühlingen
Einmal auf diesen Weg geschickt, wechselte er nach dem Abitur mit drei Schulkameraden von Bensheim nach Stühlingen und machte
das einjährige Noviziat. Es schloss ab mit der Profess am Dreikönigstag 1967, als er versprach, die nächsten Jahre als Kapuziner zu leben. Die Angehörigen, die zu dieser Profess-Feier mit dem Bus in den Südschwarzwald gefahren sind, werden sich erinnern, dass sie vor lauter Schnee am nächsten Tag nur mit Mühe wieder heimkamen.
Für den Bruder Leonhard ging es dann in Richtung Norden, um in Krefeld Philosophie zu studieren. Dort traf er als Lehrer seinen Landsmann P. Edilbert Schülli (1927 – 2004). Schon damals gab es große Umbrüche, so etwa die vernünftige Zusammenlegung der Hochschulen der Franziskaner und Kapuziner. Sie konzentrierten sich auf Münster und München. So studierte Br. Leonhard von Herbst 1968 bis 1973 in Münster, unterbrochen von einem Jahr in Tübingen.
Priesterweihe im Jahr 1973
Unvergessen bleibt die ihm von Bischof Oskar Saier gespendete Priesterweihe am 1. Mai 1973 in der Wallfahrtskirche und die am Sonntag darauf groß gefeierte Primiz. Nicht nur die Pfarrkirche war mit Blumen geschmückt, sondern auch die Talstraße vom »Adler« in Unterharmersbach bis zur »Sonne« am Stadtausgang in Zell war mit Fähnchen und Tannengrün geziert.
Die erste Stelle für den Neupriester war dann im Ruhrgebiet die Pfarrei »Liebfrauen« in Oberhausen-Sterkrade. Er war zuvor noch nie dort, lebte sich aber trotzdem schnell ein. Als Kaplan unterrichtete er in der Grundschule Religion, hatte im ersten Jahr 120 Kommunionkinder, besuchte deren Eltern und leitete den Kreis der »Tischmütter«, was für die Pfarrei damals noch etwas Neues war. Bis 1978 dauerte diese Zeit. Da die Oberen der Provinz meinten, sie bräuchten jemand, der sich auf die franziskanische Spiritualität spezialisiert, schickten sie ihn nach Rom, wo es ein entsprechendes Institut gibt. Dort schloss er sein Studium 1982 mit der Promotion zum Dr. theol. ab.
30 Jahre Lehrer an der Universität Antonianum in Rom
Gern kehrte er in die Provinz zurück, wurde Leiter des Juniorats, also der Brüder in Ausbildung, und lehrte an der Hochschule der Franziskaner und Kapuziner. Doch nur sechs Jahre währte diese Tätigkeit, dann holte ihn Rom wieder ein. Der Generalminister des weltweiten Ordens bat die Deutsche Kapuzinerprovinz ihn freizugeben, um in Rom an der Universität Antonianum Studenten aus aller Herren Länder zu unterrichten in dem Fach, das er zuvor eigens studiert hatte. So zog er 1989 wieder nach Rom und lehrte dort bis 2019 – genau 30 Jahre.
In den langen Sommerferien verbrachte er seine drei Wochen Urlaub jährlich in der Heimat, in der übrigen Zeit folgte er Einladungen aus Mexiko, den USA, aus Spanien und anderen Ländern, um dort Vorträge oder Seminare zu halten. Im Juli 2019 wurde er in Rom feierlich verabschiedet (die Schwarzwälder Post berichtete davon) und war seitdem wieder in Münster/Westf. Nun kehrt der Wandervogel, der im Herzen immer mit der Heimat verbunden blieb, nach Zell zurück und wird im Kloster wohnen. Am Josefstag, den er zum ersten Mal nach 60 Jahren wieder in Zell verbringt, wird er in allen Messen predigen.