Der Zeller Katholische Kirchenchor fiebert seinem Festkonzert entgegen. Dirigent Wolfram Dreher beantwortet Fragen zum Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns.
Herr Dreher, am kommenden Sonntag, den 15. Dezember 2019, feiert der Katholische Kirchenchor seinen 250. Geburtstag, ein besonderes Jubiläum. Es wird ein festliches Konzert geben.
Ja, wir werden zusammen mit den Chören aus Biberach und Oberharmersbach das Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns aufführen, das er 1858 komponiert hat. Er war 22 Jahre alt und hatte grade seine neue Stelle als Organist und Komponist an der Kirche Sainte-Marie-Madeleine in Paris angetreten. Am Abend des 1. Weihnachtsfeiertages wollte er sich der Gemeinde mit einer großen musikalischen Darbietung präsentieren. Er hatte das Stück innerhalb zwölf Tagen fertiggestellt, allerdings hat er es danach nochmals gründlich umgearbeitet und erweitert. Wir stellen im Konzert dem Oratorium zwei Stücke von Felix Mendelssohn-Bartholdy voraus, »Verleih uns Frieden« und »Jauchzet dem Herrn alle Welt«, sowie von Heinrich Kaminski »Maria durch ein Dornwald ging«. Mit uns musizieren fünf Gesangssolisten, eine Harfe und das Kammerorchester der Philharmonie am Forum. Das verspricht, ein schöner, festlicher Konzertabend zu werden.
Was ist das überhaupt, ein Oratorium? Ist das so etwas wie eine Oper?
Nein, das ist ein erzählendes Musikwerk, aber ohne szenische Handlung mit meist religiösen Stoffen, vorzugsweise zur Passion oder zur Weihnachtsgeschichte. Sehr populär sind auch Johann Sebastian Bachs Oratorien »Der Messias« und »Die Matthäus-Passion« oder die »Schöpfung« von Joseph Haydn.
Was ist der Unterschied zu einer Oper?
Opern haben gewöhnlich weltliche Stoffe zum Thema und werden auf der Bühne inszeniert, sie haben eine dramatische Handlung, die Sänger agieren zugleich als Schauspieler. Ein Oratorium hingegen befasst sich mit geistlichen Themen und wird ausschließlich konzertant aufgeführt. Die Handlung findet nur in den Texten und in der Musik statt und wechselt sich mit besinnlichen Passagen ab.
Zudem werden Oratorien traditionell in kirchlicher Umgebung aufgeführt. Das Wort Oratorium kommt aus dem Lateinischen und bedeutet ursprünglich »Gebetssaal«. Die Bezeichnung leitet sich also von dem Ort her, wo diese Art von Stücken zuerst aufgeführt wurden.
Hat Johann Sebastian Bach nicht das Weihnachtsoratorium erfunden?
Nein, Weihnachtsoratorien gibt es etliche, aber das von Bach ist so bekannt und außergewöhnlich kunstvoll, dass andere daneben fast in Vergessenheit geraten sind. Das Werk von Camille Saint-Saëns ist ein »kleines Oratorium«. Es ist erheblich kürzer und weniger aufwendig, weshalb es sich sehr gut für einen Kirchenchor eignet.
Worin besteht die besungene Handlung?
Es dreht sich hauptsächlich um die Szene der Hirten auf dem Felde. Dem Bericht des Evangelisten Lucas von der Verkündigung der Geburt Christi durch die Engel lässt er beziehungsreiche und sehr sinnvoll angeordnete Texte aus Psalmen, aus Jesaja und den Evangelien nach Matthäus und Johannes folgen, die alle das Weihnachtsgeheimnis aus prophetischer und theologischer Sicht deuten. Musikalisch wird das »pastorale« Thema bereits im Prélude aufgenommen, behutsam stimmt die Orgel eine wiegende Hirtenmelodie an, die dann von den Streichern aufgenommen und sanft weitergeführt wird. Im zweiten Teil des Oratoriums finden sich vor allem Lobpreisungen, wobei kurz vor dem Schlusschor die pastorale Anfangsstimmung wiederkehrt. Eine lyrische und besinnliche Grundstimmung zieht sich in Abwandlungen mit vielen schönen eingängigen Melodien durch das gesamte Stück.
Haben Sie das Oratorio de Noël nicht schon einmal aufgeführt?
Doch, bereits im Jahr 2006 haben wir damit ein Chorprojekt durchgeführt. Es ist einfach schön, warum sollte man es nicht wiederholen? Natürlich ist das »Oratorio de Noel« von Camille Saint-Saëns nicht mit Bachs feierlich-barockem Weihnachtsoratorium vergleichbar. Das Orchester ist viel kleiner und wird kammermusikalisch eingesetzt, ohne Bläser, die Chorpartitur ist eher schlicht und der Einsatz der Harfe unterstreicht den ruhigen, lyrischen Charakter des Stückes. Das stimmungsvolle Werk ist hierzulande lange unbekannt geblieben und fand auch in Frankreich zu Lebzeiten von Saint-Saëns wenig Beachtung. Allerdings ist es in den letzten Jahren, 150 Jahre später, in der weihnachtlichen Kirchenmusik immer beliebter geworden. Wir freuen uns darauf, es zusammen aufzuführen und laden die ganze Bevölkerung herzlich dazu ein.
Das Konzert am 15. Dezember 2019 beginnt um 17 Uhr in der Stadtpfarrkirche Zell. Vorverkauf: Korbwaren Ketterer und Tourist-Info in Zell, Buchhandlung Richter Gengenbach, Der Buchladen Haslach. Karten kosten im Vorverkauf 10 Euro, an der Abendkasse 12 Euro; Jugendliche bis 16 frei.

