Leserzuschriften stellen die Meinung der Leser dar. Die Redaktion behält sich das Recht der Kürzung vor und übernimmt keine Verant­wortung für den Inhalt.


„Engagement für Zell a. H. Ehrensache für uns.“ Ein aussagekräftiger Slogan, der das neue Wahlprospekt 2019 der CDU Zell a. H. schmückt. Doch ein tiefer Blick in die „Herzensthemen“ lässt erahnen, Engagement ja, aber bitte nur dann, wenn es den Wahlen nützt. Denn wie sonst können wir Bürger Themen ernst nehmen, wenn sie davor belächelt oder gar als irrelevant eingestuft wurden? Denn neben Themen wie Verkehr, Internet oder auch Umwelt und Energie finden wir auch den Hochwasserschutz. Hochwasserschutz, hört sich ja erst einmal gut an – sicher! Doch in der Vergangenheit wurde dieser Schutz von der im Stadtrat vertretene CDU ignoriert und nicht nur das, er wurde aktiv bekämpft. Resultat dieser kurzsichtigen und fahrlässigen Politik sind nun enorme Kosten, die auf die Zeller-Bürger zukommen werden. Doch dazu später mehr.

Bezogen auf den Hochwasserschutz und einer Abstimmung im Stadtrat, ob Hochwasser wirklich schutzbedürftig ist, stimmten auch die restlichen Stadträte dagegen – selbst die Grünen, die sich für genau diese Interessen der Bürger einsetzen sollten. Sie fragen sich jetzt vielleicht: Wann, wie und wo wurde über Hochwasserschutz abgestimmt?

Im Stadtrat stand der Antrag zur baulichen Vergrößerung der Zimmerei Holzbau Gottfried Lehmann (Unterharmersbach) und der daraus resultierenden Aufschüttung von an Gewässer grenzenden Flächen zur Abstimmung. Diese Flächen dienten bei früheren Hochwassern als natürliche Überflutungsbecken. Befürchtung der Aufschüttungsgegner war demnach, dass kommende Überschwemmungen weit verheerendere Auswirkungen haben werden, wenn der Bau wie geplant stattfindet und ohne Berücksichtigung des Hochwasserschutzes. Der Vorschlag der Aufschüttungsgegner war daher, das in Auftrag gegebene Hochwassergefahrengutachten abzuwarten und auf Basis dieses Gutachtens eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entscheidung zu treffen.

Klingt vernünftig denken Sie? Ja! Doch ein solcher Vorschlag wurde belächelt und anschließend verworfen. Selbst eine Petition gegen die Aufschüttung, mit über 200 Unterschriften, fand bei den Stadträten keine Wirkung und somit wurde, fast einstimmig, für die Aufschüttung und gegen den Hochwasserschutz abgestimmt – unter der Empörung vieler Bürger.

Anfang des Jahres wurde das Hochwassergefahrengutachten veröffentlicht und gibt den Befürchtungen der Aufschüttungsgegner recht (einsehbar ist dieses Gutachten auf der Website der Stadt Zell unter Flussgebietsuntersuchung). Der betroffene Bereich in dem die baulichen Maßnahmen ergriffen wurden, heißt T3-D1 (Adlerbrücke). Wie auf den Bildern zu erkennen, müssen, um eine Ausgleichsmaßnahme zu schaffen und den Hochwasserschutz zu gewährleisten, zwei Brücken ausgeweitet bzw. Bypässe erstellt werden. Das Vorland, welches immens verkleinert wurde, soll durch das Abgraben an der markierten Stelle wieder angepasst werden. Der Preis für die baulichen Maßnahmen soll sich laut Gutachten auf zwei Millionen Euro belaufen. Der Gesamtpreis der Hochwasserschutzmaßnahmen für ganz Zell a. H. wird zehn Millionen Euro überschreiten. Kosten, die vor der Aufschüttung durch die Stadt Zell verhindert hätten werden können.

Diese Chancen hat man sich wortwörtlich verbaut und so lässt sich von meiner Seite aus nur zusammenfassen, dass durch kurzsichtige Politik langfristige Schäden mit immensen Kosten provoziert wurden, um den eigenen Profit in den Fokus zu setzen. Dass sich die CDU Zell a. H. nun, kurz vor der Kommunalwahl, dem Hochwasserschutz verschreibt und dieses als Herzensthema deklariert, obwohl sie unter Beweis gestellt hat, dass dieser nicht in ihrem Interesse liegt, stufe ich als sehr fragwürdig ein.

Emil Lehmann,

Zell am Harmersbach