Einen gelungenen Einstand feierte Rüdiger Müller bei der Miliz- und Trachtenkapelle, bei der er seit Januar den Ton bzw. den Takt angibt. Das Konzert am Sonntagabend in der Oberharmersbacher Pfarrkirche St. Gallus bot den begeisterten Zuhörern eine musikalische Leistung, die nahtlos an das Niveau der vergangenen Jahre anknüpfte. Die »Feuertaufe« ist somit gelungen.

Es war wohl eine Menge Arbeit für Dirigent und Orchester gleichermaßen, wie Gemeindereferentin Judith Müller bei der Begrüßung richtig einzuschätzen wusste. Anspruchsvolle Literatur in einem Raum mit schwieriger Akustik beim ersten Konzertauftritt zu präsentieren war gewagt und eine Herausforderung. Aber Dirigent und Orchester können sich auch nach so kurzer Zeit aufeinander verlassen.

Dezent in verschiedenen Farben waren die Säulen der riesigen Pfarrkirche angestrahlt, in blaues Licht die Apsis getaucht, in der die 74 Mitglieder der Miliz- und Trachtenkapelle kaum Platz fanden. »Joyridge« mit Beethovens bekanntem Motiv der »Ode an die Freude« trug symbolisch diese Botschaft Europas hörbar über die Grenzen.

Die imaginäre Welt, die Julie Giroux mit »Riften Wed« entworfen hat, zeichneten die Musiker in unterschiedlichen Sinnbildern nach. Dezente Klänge skizzierten diese Eindrücke von Bergen und weiten Ebenen, dichten Wäldern und Küsten mit zarten und doch bis zur letzten Bank durchdringenden Flöten und Klarinetten, verwiesen so auf Liebe und Vereinigung, ehe  die ganze voluminöse Wucht des Orchesters den Kontrast mit Vergangenheit und Tod akzentuierte, David Maslanka hat mit »Give us the Day« ein musikalisches Tongemälde komponiert, in dem grollende Bässe sich mit rhythmischen Klängen und Choralmotiven abwechseln. Sowohl christliche wie buddhistische Motive dringen immer wieder durch.

Ganz im Kontrast dazu standen Roland Barretts »Arabian Dances«. Die Stimmung auf einem orientalischen Marktplatz rund um ein Lagerfeuer vermittelte eine lebensfrohe Atmosphäre, die durch den Einsatz des Percussion-Registers mit Effekten-Instrumenten spürbar herausgearbeitet wurde, um mit dem ganzen Orchester die Stimmung des Marktes aufzunehmen.

»Hymn to he sun with the Beat of mother Earth« ist die neueste Komposition des japanischen Komponisten Satoshi Yagisawa. Das klangvolle Wechselspiel der einzelnen Register ist gespickt mit schwierigen Stellen. Besonders hier war das Zusammenspiel zwischen Dirigent und Musikern gefragt, da wegen der anspruchsvollen Technik die Einsätze exakt zusammengeführt werden müssen. »Gänsehautmomente« kamen auf, als nur noch Julia Vogelsänger mit dem E-Piano den instrumentellen Part übernahm, während die Musiker mit konzertantem Gesang den Aufgang der Sonne nachzeichneten.

Stehende Ovationen erhielten die Miliz- und Trachtenkapelle für ihr mitreißendes Konzert, das gerade im Kirchenraum die emotionalen Momente noch verstärkte. Rüdiger Müller schien sich sicher zu sein, dass er mit der Leistung der Musikerinnen und Musiker den Geschmack des Publikums trifft. So waren die Akteure auf eine Zugabe vorbereitet. Dietrich Bonhoeffers »Von guten Mächten…« (Siegfried Fritz) hörte sich zum Abschluss an wie ein Dankgebet für den gelungenen Abend.