Welche Straße ist in welchem Zustand? Wo macht investieren Sinn? Welche Kosten kommen auf die Gemeinde zu? Diese Fragen und noch viel mehr lassen sich zum Beispiel durch ein »Straßenunterhaltungsmanagement« beantworten.
Über ein entsprechendes System namens PMS informierte sich der Oberharmersbacher Gemeinderat in seiner ersten Sitzung des Jahres.
Die Gemeinde verfügt über ein Straßennetz von rund 72 Kilometern. Nur zwölf Kilometer liegen innerorts, 60 Kilometer sind Straßen im Außenbereich. Gravierende Schäden sind an zahlreichen Stellen sichtbar. Innerorts etwa auf Brugasse, Holderbach, Waldhäuser, Jauschbach und Schulstraße. Auch wenn außerorts die Schäden weniger offensichtlich ins Auge fallen, ist von Schäden auf den meistens mehr als 30 Jahre alten Straßen auszugehen. Da geht es Oberharmersbach nicht anders als vielen anderen Gemeinden.
Allein: Wo fängt man an, wo hört man auf, wie bewertet man den Zustand? Ist all das bekannt, schließt sich dann noch die Frage nach einem sinnvollen Sanierungsplan an. Immer nur die Schlaglöcher zu flicken, bringt wohl langfristig keine gute Basis im Bestand. Aber Straßenbau kann teuer werden, was einen sorgfältigen Umgang mit den Mitteln und eine mittel- bis langfristige Sanierungs- und Unterhaltungsplanung in Zeiten knapper Kassen und vielfältiger kommunaler Aufgaben umso wichtiger macht. Bei all diesen Fragen könnte vielleicht künftig PMS helfen. Große Städte wie Berlin und Hannover vertrauen auf das Instrument, aber auch Kommunen aus der Ortenau (u. a. Haslach, Steinach, Gengenbach) haben sich schon dafür entschieden.
Thomas Gärtner vom Ingenieursbüro Ortmann aus Oberkirch stellte PMS am Montag im Oberharmersbacher Gemeinderat vor. Als ersten Schritt, so war zu erfahren, würden sämtliche Straßen in Bestand und Zustand durch Befahrung erfasst und in die Software eingepflegt, quasi eine Art Inventur gemacht, die auch für die Bewertung des Infrastrukturvermögens bei der Einführung des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts (NKHR) verwendet werden kann. Das PMS-Analysetool berechnet auf dieser Basis und – gefüttert mit einer zusätzlichen Belastungseinschätzung – die Notwendigkeit zur Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung einzelner Straßenabschnitte und kann sogar Prognosen für die Zukunft abgeben. Eine erhebliche Verbesserung im Datenbestand würde das sicherlich sein, denn bisher wurden die Maßnahmen eher nach offensichtlicher Dringlichkeit und »Leidensdruck» angegangen als nach objektiven, technischen Kriterien. Nachverfolgbar, wie sich das Straßennetz durch die Arbeiten entwickelt, war es bislang nicht.
Das Ziel von PMS ist es zudem nicht allein, einen Überblick über die dringlichsten Maßnahmen zu erhalten. Vielmehr zielt das System auch darauf ab herauszufinden, wo die Straßenunterhaltung am wirtschaftlichsten ist. »Wo sind die Straßen, die man mit wenig Geld retten kann«, brachte Gärtner auf den Punkt, dass der optimale Eingriffszeitpunkt für Investitionen in die Straßen ein viel zu wenig beachtetes Thema ist und der Eingriff häufig im wirtschaftlichen Sinne zu spät erfolgt.
Durch die tiefe Datenbasis ergeben sich strategische Steuerungsmöglichkeiten in Sachen Bugetplanung, Nutzen-Kosten-Abschätzung und Konsequenzanalyse. Die Entscheidungsträger können dadurch den optimalen Eingriffszeitpunkt, die Priorisierung von Maßnahmen und den Mittelbedarf besser abschätzen. »Nicht aus dem Bauch raus, sondern auf Datenbasis und möglichst zu minimalen Kosten«, wie Gärtner bestärkte. Er ergänzte, dass durch das System auch die Ausschreibung gleichartiger Maßnahmen im Wegenetz erleichtert würde – mit den bekannten Effekten auf den Preis.
Eine abschließende Entscheidung wurde am Montag nicht getroffen. Der Gemeinderat befürwortete jedoch einstimmig den Erwerb und die Einrichtung eines solchen Systems mit Bestandserfassung und Zustandsbewertung des Straßennetzes. Die Verwaltung wird die Einrichtung weiter verfolgen, weiter verhandeln und rechtzeitig zu den Haushaltsplanberatungen weitere Details vorlegen. Interkommunale Zusammenarbeit könnte auch bei diesem Thema ins Spiel kommen, denn ein »Sammelauftrag« mit anderen Gemeinden könnte die Kosten von aktuell noch geschätzten 40.000 Euro senken und brächte auch für die anderen Kommunen einen Vorteil.