„In unserer Einrichtung und im Umgang mit alten Menschen hat sich im vergangenen halben Jahrhundert extrem viel verändert“, fassen Geschäfts- und Verwaltungsleitung des Zeller Caritas Seniorenzentrums St. Gallus e.V. den an vielen Faktoren festzumachenden Wandel der Zeit zusammen.

Neben 91 betreuten Wohnungen für Senioren bietet St. Gallus 119 Pflegebetten an. „Wer zu uns kommt, ist sehr pflegebedürftig, mit den Pflegegraden zwei bis fünf“, berichtet der seit einem Jahr geschäftsführende Heimleiter Michael Schlosser. „Die Anfänge der Einrichtung hatten mit Pflege aber noch nicht sehr viel zu tun“, ergänzt Verwaltungsleiter Thomas Dreher, der in der Führungsriege das „Urgestein“ darstellt. Seit 1989 arbeitet der heute 59-Jährige in dem Haus, das 21 Jahre zuvor erbaut worden war.

St.-Gallus e.V. wurde 1964 gegründet

Eine Gruppe von Ehrenamtlichen hatte sich in einem 1964 eigens gegründeten Verein namens St. Gallus e.V. dafür engagiert, für Zell und seine Umgebung ein Altenheim zu bauen. Zur finanziellen Unterstützung banden sie sämtliche Gemeinden im Harmersbachtal als auch im Oberen Kinzigtal mit ein, denn in dem gesamten Gebiet gab es damals solche Heime noch nicht.
Nach der Einweihung des Gallusheims im Jahre 1968 kümmerte sich der Verein weiterhin um die Belange des Hauses. „Da die Personen, die im St. Gallus arbeiten, bezahlt werden und daher tariflich irgendwo eingeordnet sein müssen“, erfolgte der Anschluss an den Caritasverband der Erzdiözese Freiburg. Dennoch ist der Verein eigenständig und inklusive achtköpfigem Vorstand nach wie vor durchweg ehrenamtlich tätig. Den Vorsitz hat grundsätzlich der jeweilige Stadtpfarrer von Zell inne.

„Je nachdem, was im operativen Geschäft läuft, haben wir drei bis sechs Sitzungen im Jahr“, so die Heimführung. Sie stimmt mit dem Vereinsvorstand Strategie, Wirtschaftspläne und Investitionen ab, setzt die auf dieser Basis vom Vorstand getroffenen Entscheidungen operativ um.

Mit der Eröffnung des Zeller Altenheims seien damals viele Personen von großen Heimen gekommen, die in der Freiburger Gegend aufgelöst worden seien, erzählt Thomas Dreher. Jene Häuser waren einst für Personen entstanden, „die aufgrund von Kriegswirren psychische Probleme hatten“ und in den 60ern in ganz Baden-Württemberg auf andere Altenheime aufgeteilt wurden, „da haben sie zum Beispiel Hauswirtschaftsarbeiten gemacht, sich auch selbst versorgt.“

Spezifische Fachausbildung

Generell jedoch sei damals politisch propagiert worden, so Michael Schlosser, dass in Frage kommende Singles im Rentenalter in ein klassisches Altenheim gehörten. „Man hat diesen älteren Menschen keine Kompetenz mehr zugetraut. Als Devise galt: Vollversorgung bis zum Lebensende und damit gut.“ Im Laufe der Zeit „kam aber immer mehr dazu.“ Auch, weil aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen pflegebedürftige Senioren statt zuhause immer öfter im Heim betreut werden.

Dies führte Mitte der 90er Jahre zum Pflegeversicherungsgesetz, um dem stetig steigenden Mehr an Pflegeaufwand auch in den Strukturen zu begegnen. Mehr noch: Wer in den 60er-Jahren als Kind womöglich seine Altvorderen in einem Altenheim besucht und das Personal dort teils als borstig erlebt hat, der stellt als heutzutage selbst auf das Seniorenalter Zugehender fest: „Hier hat sich ungemein was getan.“

Einst arbeiteten meist ungelernte Kräfte in den Altenheimen. Als Fachkräfte agierten hier höchstens Krankenschwestern oder Ordensfrauen, eine spezifische Fachausbildung gab es damals nicht. Heute dagegen hat das Thema Personal und qualifizierte Fachausbildung in der Altenpflege und somit gerade auch im Gallusheim einen hohen Stellenwert eingenommen, mit entsprechend positiven Auswirkungen auf die Qualität. Was auch den Personenkreis der Dementen betrifft. „Früher sind die Leute nicht so alt geworden“, betont Michael Schlosser, „da schlug das Thema der Demenz nicht so durch wie heutzutage“ – was einen hohen betreuungspflegerischen Anteil sowie spezielle Konzepte bedeutet.

Der vom St. Gallus verfolgte Kurs hat sich bewährt. Heimbewohner, deren Angehörige, aber auch das Personal betonen zudem immer wieder die wohltuend familiäre Atmosphäre sowie das ausgezeichnete Arbeitsklima, die im St. Gallus herrschen – die geringe Fluktuation der Mitarbeiter spricht für sich.

30 Jahre Essen auf Rädern

Überdies fährt die Einrichtung seit bereits 30 Jahren rund 90 „Essen auf Rädern“ in die entlegensten Winkel der Region, 365 Tage im Jahr, in der hauseigenen Küche stets frisch gekocht sowie appetitlich in Porzellangeschirr serviert. Dieser Dienst ermöglicht es vielen Senioren, länger zuhause wohnen zu bleiben, wie der Verwaltungsleiter betont.

Ebenfalls enorm viel getan hat sich in Bezug auf die Bausubstanz des heutigen Seniorenzentrums. Bestand das Haus anfangs noch fast ausschließlich aus Doppelzimmern, kam 1973 ein Anbau mit Einzelzimmern hinzu, inklusive Brandschutzmaßnahmen und separatem Fluchtweg.

Die erste große Umbaumaßnahme erfolgte 1990/1991 in Form einer Betonsanierung bei sämtlichen Balkonen rund um das Haus. Und weil das ursprüngliche Flachdach bei Starkregen dafür sorgte, dass „das Wasser überall hinlief“, wurde es in ein Satteldach umgewandelt. Dies ermöglichte gleichzeitig, auf die bis dato drei Geschosse ein viertes Stockwerk mit 16 betreuten Altenwohnungen zu setzen – bestehend aus Küche, ein oder zwei Zimmern, Schlafzimmer und Balkon. „Die Wohnungen waren gleich vergriffen“, erinnert sich Thomas Dreher.

Außerdem erhielt der bislang offene Innenhof ein Glasdach, so dass das entstandene Atrium seither für Feste jeglicher Art verwendet werden kann.

1996/97 kam die aus 22 Einheiten bestehende betreute Wohnanlage in der St. Gallusstraße nebenan hinzu, „investiert für eine Wohnungseigen­tümergemeinschaft“, erklärt Dreher. In die Funktionsstruktur des Altenheims selbst investierte der St. Gallus-Verein 2003/04 – mit der Erweiterung der Verwaltungsräume sowie der Stationszimmer, samt Vergrößerung der Aufenthaltsräume, „das war nochmal ein großer Sprung und finanzieller Kraftakt.“

2012 dann begann „auf dem ehemaligen Bruch-Spielplatz“ der Bau von zwei weiteren Gebäuden mit betreuten Wohnungen „Wohnen im Gallus-Park“, die 2015 fertig gestellt wurden und ebenfalls zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehören. Dies war gleichzeitig der Startschuss für einen eigenen ambulanten Pflegedienst, zunächst überwiegend für Bewohner der betreuten Wohnanlagen.

Die nächste große Baumaßnahme steht in naher Zukunft an: „Da wir noch einige Doppelzimmer haben“, so Thomas Dreher, „müssen wir uns aufgrund der Landesheimbauverordnung auf den Weg machen, nur noch Einzelzimmer anzubieten.“

Fest-Programm

Das Jubiläumsfest am 16. September beginnt um 10 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Hauskapelle. Feierliche Begrüßung um 14 Uhr. Zuvor – ab 11.30 Uhr – Mittagessen. Ab 13 Uhr Informationsstände sowie Kinderprogramm. Am Nachmittag abwechslungsreiche Unterhaltung mit Musik, Seniorengymnastik, Flohmarkt und Bewirtung bis 17 Uhr.