Im vollbesetzten Untertorkeller hatte die AWO Zell zur Lesung mit Buchautor Elmar Langenbacher eingeladen. Er stellte sein neues, laut Verlag zum Schwarzwälder Bestseller avanciertes Buch, »Als Oma noch lebte. Eine Kindheit im Schwarzwald« vor. Wer »nur« eine Lesung erwartete, wurde enttäuscht.
Elmar Langenbacher präsentierte sich als lebhafter Geschichtenerzähler. Pointiert mit Witz und Charme erzählte er seine Geschichten der Oma. Dafür hatte er sich eigens eine »Oma-Bühne« besorgt: einen original Oma-Sessel, eine Oma-Lampe und ein Nierentischchen. Erzählt wurde im Siebziger-Sakko. Zunächst schenkte er den BesucherInnen ein Brombeerlikörchen ein – »denn mit Oma und Ketterer-Eimerle, wo die alten Herren ihr Bier drin wärmten, sammelten wir mit Oma Beeren im Wald, Oma machte daraus Bormbeerlikör, wir Kinder durften probieren.«
Teils frei erzählend, teils vorlesend, erzählte er Kurzgeschichten: »Im großen Topf hat Oma auf dem Herd ihre Wäsche gewaschen, mit einem großen Holzlöffel drin gerührt, anschließend kam alles in die Schleuder mit dem Guckloch und Deckel oben und dem Ablauf unten, unter dem eine Plastikschüssel für das Abwasser stand. Auf die Schleuder setzte sie den Bubi, dass die Schleuder nicht so wackelte. Dann hing sie ihre Pumphosen auf der Wäscheleine zum Hornberger Schlossberg hin, dass das ganze Städtle diese sehen konnte.«
In Hornberg ist Langenbacher aufgewachsen, war seine Oma Zuhause. Auf dem Tisch standen aber Hahn-und-Henne-Schüsselchen, »die wir Kinder auslöffelten, um das Hühnerpaar zu sehen. So trickste Oma ihre Enkel aus – wahrscheinlich ist das noch heute so.«
Neben lustigen Geschichten vom Badetag der Oma im Schulhaus, vom Kaugummiautomat um die Ecke, von Oma-Spucke auf dem Taschentuch im Gesicht oder von Aufklärung á la Oma: »Bube haben da ein Bimberle und Maidle, ich schwörs, Oma hat das gesagt, also Maidle haben da ein Brunskanninchen«, erzählte Langenbacher, aber auch nachdenkliche Geschichten. »Es gab Dschingele (italienische Gastarbeiter), Mohrenköpfe, Negermusik, Judenfürzle, Judenwitze; Vater eilte in den »Mohren« um Fußball zu schauen. Oma bestellte in der Metzgerei Neger-Bimbis, also Schwarzwürstle.« Verdrängung und Sarkasmus statt Aufarbeitung. So war das nun mal in den Siebzigern, so sind wir Kinder aufgewachsen. Das war nicht nur in Hornberg so.«
Mit Witz und Tiefgang zitierte er den »7. Sinn«, die Autofahrersendung der Siebziger, wenn es mit dem Opel Rekord zu zwölft auf Tour ging: »Der Vater links, die Mutter rechts. Klar, der 7. Sinn hat ja gesagt, dass Frauen nur in den Schminkspiegel schauen und mit den Stöckelschuhen am Pedal hängen bleiben, also nicht Auto fahren können und dürfen. Dafür trank Vater sein Bier, das ja gut war fürs Autofahren.«
Mit Dank in der Stimme und Leuchten in den Augen erzählte er von seiner Kindheit mit der AWO in Hornberg. Das Waldfest an Christi Himmelfahrt. »das war immer, immer, immer schön. Danke AWO.« Beim AWO-Ballonwettbewerb gewann er sogar einen Ausflug nach Freiburg. In die große Stadt!
Ein gelungener Nachmittag als Liebeserklärung an die Oma. Die Buchhandlung Kopf erfreute sich der guten Nachfrage nach Langenbachers Büchern, viele nutzten die Chance zu einer persönlichen Widmung. Die Einnahmen für Speis und Trank in der Pause rundete Langenbacher (der ohne Gage auftrat) auf stolze 200 Euro auf, weil: »ich habe der AWO in meiner Kindheit viel zu verdanken…«.
